Reisebericht 2022

Nach mehr als 2 Jahren Pause wird eine Reise nach Mexico für unser Projekt gegen vermeidbare Blindheit in Mexico endlich wieder möglich. Norma Aragon, unsere Kontaktperson zum mexikanischen Gesundheitsministerium und lokale Organisatorin in Mexico City, hat für uns je einen Einsatz in zwei Spitälern in Yucatan organisiert.

Einsatz in Mérida

Die Reise geht fast ganz ohne Probleme. Das Check-In Personal der Edelweiss Air hat leider kein Verständnis für unseren humanitären Einsatz. Wir müssen die Kosten für das Übergepäck mit unseren vielen Koffern bezahlen. Sehr angenehm gestaltete sich dafür die Einreise nach Mexico in Cancun. Dank der Vorbereitung von Norma können wir am Zoll in Cancun einfach durchmarschieren, kein einziger Koffer muss geöffnet werden. Das gab es in all den Jahren in Mexico City noch nie. Die Einreise dort war immer eine mühsame Sache mit Zeitverlust wegen Gepäckkontrollen und manchmal zusätzlichen Einfuhrzöllen. In freudiger Erwartung treten wir die vierstündige Busreise von Cancun nach Mérida, unserem ersten Arbeitsort, an.

Der erste Einsatz findet in der Clinica Oftalmos in Mérida statt. Mérida ist eine mittelgrosse Stadt mit ca. 950’000 Einwohnern im Nordwesten von Yucatan. Es ist die schönste und sauberste Stadt, die wir bis jetzt in Mexico gesehen haben. Sie gilt ebenfalls als sehr sicher, sie ist vom Narcotrafico kaum betroffen.

Das Einrichten der Operationssäle geht ohne Probleme vonstatten. Wir erhalten zwei Säle, in denen wir je zwei OP-Tische mit Phakogerät und Mikroskop einrichten können. Nur ein Gewinde einer Blockierschraube am Schwenkarm eines Mikroskops ist unbrauchbar. Die Schraube kann von einem kräftigen mexikanischen Techniker notdürftig „hineingewürgt“ werden. Hier wird wohl bald eine Reparatur notwendig werden.

Der Arbeitsbeginn am ersten Tag ist etwas schleppend. Es stehen zu viele Leute herum, jeder muss noch lernen was er zu tun hat. Aber bald läuft der Betrieb normal. Die Spitalangestellten arbeiten motiviert mit, da es eine ophthalmologische Klinik ist, gibt es wenig Probleme.

Der zweite OP Tag beginnt mit der bilateralen Operation eines Kleinkindes mit kongenitaler Cataract in Narkose, was viel Zeit benötigt. Zwei schwierige Fälle, bei denen der Netzhautchirurg die Komplikationen korrigieren muss, verzögern die Arbeit zusätzlich. Um 6 Uhr abends sind wir fertig mit der Arbeit. Es war ein langer Tag.

Der dritte OP Tag geht reibungsloser. Wir sind um 14:00h bereits fertig mit dem Programm. Deshalb wird einstimmig ein Strandbesuch beschlossen. Die Ortschaft Progreso, die Strandkolonie von Merida, ist vom Hotel aus in 40 Minuten Fahrt erreichbar. Vier Stunden später, wieder in unserem Minibus auf dem Weg nach Hause, sind wir froh über den «klugen» Entscheid.

Der vierte OP-Tag geht gut, viele schwierige Linsen, aber zum Glück keine nennenswerten Komplikationen. Nach 4 Tagen sind 118 Augen an 117 Patienten am grauen Star operiert.

Dann heisst es wieder Aufräumen und Verpacken von allem Material, damit alles an den neuen Bestimmungsort transportiert werden kann.

Am Sonntag ist Reisetag nach Tekax, unserem zweiten Einsatzort. Die Abfahrt ist geplant für 10:00h. Der Zeitplan kann nicht ganz eingehalten werden. Einer der Chauffeure hat den Wechsel auf die Sommerzeit verpasst. Die Abfahrt ist aber dann doch noch um 10:50h möglich. Wir sind gespannt was der neue Ort bringen wird. Die Fahrt in den Kleinbussen dauert knapp 2 Stunden.

Die Patientin vom Volk der Maya konnte kein Spanisch. Aber braucht es denn noch eine verbale Kommunikation?

Einsatz in Tekax

Nach der Ankunft im Hospital General de Tekax, unserem zweiten Einsatzort, richten wir sofort unseren Op ein. Wir erhalten den grossen, modern eingerichteten Aufwachraum der Klinik für uns als Arbeitsort, damit das Spital weiter über seine Operationssäle verfügen und funktionieren kann. Hier können wir problemlos unsere vier OP-Tische platzieren und es bleibt noch genügend Platz für den Verkehr mit den Patienten.

Der Arbeitsbeginn im Hospital General ist extrem träge. In der Klinik wurden noch nie ophthalmologische Eingriffe durchgeführt, für das lokale Personal ist alles neu. Unter den Patienten befinden sich viele Diabetiker, welche der lokale Narkosearzt nicht zur OP zulassen will. Wir können ihn aber überzeugen, dass eine Staroperation auch bei hohem Blutzucker gemacht werden kann.

Nach dem harzigen Start geht es gut voran. Die Spitalmitarbeiter sind super kooperativ und freuen sich über die Abwechslung im Betrieb. Das Programm kann planmässig durchgeführt werden.

Für den zweiten OP Tag ist das Programm recht gross. Dazu kommt ein kleines Personalproblem. Die TOA von unserem Netzhautchirurgen, welche seine Maschine gut kennt, fällt wegen Montezumas Rache aus. Sie ist übel dran. Da sie auch nicht trinken kann bekommt sie Flüssigkeit per Infusion. An meinem Mikroskop macht sich wieder der Defekt mit dem kaputten Gewinde bemerkbar. Jetzt wurde mir klar, dass jemand die Schrauben verwechselt hatte und darum das Gewinde zerstört wurde. Ein Kliniktechniker kann mir mit einem grossen Schraubenschlüssel helfen und die Schraube wieder hineinwürgen, damit ich wenigstens wieder mit Einschränkungen weiterarbeiten kann.

Die lokalen TOA sind sehr interessiert an Augenchirurgie und möchten sich weiterbilden. Da ich sowieso immer mit einer ophthalmologisch ausgebildeten Mexikanerin arbeite, die schon lange an unseren Campañas teilnimmt, nehme ich sie an meinen Tisch und lasse sie die Operationen assistieren. Immer wieder eine andere für 2-3 Operationen. Das bremst etwas mein Arbeitstempo und erhöht leicht meinen Stresslevel. Aber die Leute vom Spital in Tekax schätzen die Instruktionen sehr und mit der Hilfe meiner mexikanischen TOA im Hintergrund geht es gut.

Am dritten Op Tag ist der Arbeitsbeginn wieder verspätet. Es harzt mit der Vorbereitung der Patienten. Dann läuft es plötzlich gut. Es gibt mehrere schwierige Linsen zu operieren. Zum Glück haben wir keine ernsthaften Komplikationen zu verzeichnen. Unser Netzhautchirurg kann seine Zusatzarbeit gut bewältigen.

Die Kooperation des Spitalpersonals mit uns Fremdlingen ist vorbildlich, die Leute helfen uns wo sie können. Als kleine Gegenleistung instruieren wir wieder lokale TOAs in Augenchirurgie.

Das Durcheinander in unserem Material ist nach der langen Zeit und mehreren Dislokationen gross. Da endlich einmal genügend Platz und Zeit da ist machen wir Inventar. Am Schluss einer Campaña wird jeweils manchmal alles in Eile irgendwie in Koffer verpackt und dann vergessen bis zur nächsten Campaña. – Das ist jetzt 3 Jahre her. Es finden sich Linsen mit Ablaufdatum von 2010 und Medikamente die 2017 abgelaufen sind. Da muss dringend Ordnung gemacht werden.

Als wir am vierten Tag in der Klinik ankommen ist der Boden der Umkleidekabine total überflutet. Aus der Lampenfassung in der Mitte des Raumes fliesst Wasser in Strömen. Das Licht brennt nicht mehr dafür könnte man hier jetzt duschen. Wir ziehen uns im Gang um. Das Op Programm startet trotzdem gut und zur Zeit.

Plötzlich bemerken wir beissenden Rauchgeruch im Operationssaal. Die Ursache ist zum Glück schnell gefunden. Bei einem unserer portablen Schnellsterilisatoren ist das Netzteil durchgebrannt. Die Stromversorgung hat hier extreme Schwankungen. Allen stromverbrauchenden Maschinen muss deshalb ein Regulator vorgeschaltet werden, um solche Ereignisse zu vermeiden. Leider war für diesen Sterilisator kein solches Gerät mehr verfügbar gewesen. Deshalb hat der Vorfall eigentlich niemanden erstaunt. Das Arbeitstempo wird spürbar verlangsamt, da die Sterilisationskapazität jetzt halbiert ist. Die Patienten müssen jetzt auf den Op Tischen warten bis wieder Instrumente vorhanden sind und mit der Operation begonnen werden kann.

Die Op Abdeckungen sind aufgebraucht, Op Mäntel hat es aber genug. Wir nehmen deshalb Mäntel als Ersatz, schneiden ein Loch hinein, fixieren das ganze mit einer Tegaderm Folie und kleben einen Plastiksack für das Spülwasser unten dran. Trotz diesen Problemen kann das Programm in akzeptabler Zeit beendet werden. Es sind an diesem Tag kaum Komplikationen aufgetreten.

Dann heisst es schon wieder Aufräumen und Einpacken. Wir haben bereits etwas Übung vom ersten Ort und viele Helfer, die Arbeit geht schnell voran.

Es konnten wieder 119 Operationen durchgeführt werden.

Wir sind uns eigentlich an grössere Campañas in zwei verschiedenen Staaten mit fünf Operationstagen pro Woche gewöhnt. Wegen der Pandemie mussten wir uns dieses Jahr aber auf einen Staat, dieses Jahr Yucatan, beschränken. Da jeder mexikanische Staat nur ein begrenztes Budget für solche Campañas zur Verfügung hat, einigten wir uns auf zwei, auf vier Tage verkürzte Campañas an zwei verschiedenen Orten in Yucatan. Dies war nicht anders möglich, da wir in öffentlichen Spitälern operieren und mit der Regierung zusammenarbeiten. Die Mexikaner tragen die Kosten für die Miete der Operationssääle, diejenigen des Produktion-ausfalls und die lokalen Personalkosten. Ausserdem ermöglicht und garantiert uns dies auch die Arbeitsbewilligung und die Rechtssicherheit. Wir werden für die nächste Campaña 2023 aber alles dransetzen, wieder in zwei verschiedenen Staaten einen Einsatz in voller Länge leisten zu können.


Augenärzte und Helfer

Dr. Alex Heuberger

Augenarzt FMH, Olten Leitung Mexiko-Projekt

Dr. med. Johannes Schwarz

Augenarzt FMH, Zürich

Dr. med. Joannis Lamprakis

Facharzt FMH Augenheilkunde

Dr. med. Theo Signer

Chefarzt Vistaklinik

Dr. med. Alphons Fässler

Augenarzt

Dr. med. Fernando Cesta

Veracruz


Impressionen


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